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Königshof
im Banat
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Ankommen
Der Zug aus der Stadt
hält
auf dem Bahnhof
Königshof an.
Du steigst voller
Erwartung aus.
Du betrittst den
Boden mit dem Gefühl,
dass hier nichts
mehr passieren kann,
dass du endlich
angekommen bist.
Schon wenn der Zug
sich
vom Nachbardorf
Fibisch her
durch das Tal schlängelt,
fühlst du diese
tiefe Wehmut,
dieses herzzerreißende
Gefühl,
dass du wieder viel
zu lange weg warst.
Dort drüben
auf dem Hügel
siehst du ein kleines
Dorf,
das sich an den
Hang schmiegt,
als ob sich nichts
verändert hätte.
Dieses Bild der
roten Hausdächer
mit dem schlanken
Kirchturm,
alles überragend,
ist für immer
in dein Herz eingebrannt.
Nichts kann dieses
Gefühl ersetzen,
die Heimat wiederzusehen,
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den Ort, von dem
du
tausendfach geträumt
hast,
dessen Wege du immer
wieder
in deinen Gedanken
beschritten hast.
Jetzt ist alles
wieder so nah, so real,
wenn du über
die kleine Brücke
des Bergsaugrabens
gehst
und auf die Hutweide
mit dem Trampelpfad
kommst,
der sich sternförmig
zum Dorf hin öffnet.
Jetzt gehört
er nur dir,
und während
du schräg
zur Straße
hin weitergehst,
denkst du an die
vielen Tage,
als dieser Weg dich
immer
in das Dorf zurückbrachte,
wenn der Zug abends
angekommen war
und jeder nach Hause
eilte.
Man hat dann noch
ein Stück zu gehen,
um am Ortsschild
vorbeizukommen,
so schlicht wie
das Dorf.
Ein Foto wäre
angebracht
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als Beweis für
deine Erinnerungen,
dass es nicht nur
ein Traum war.
Der Schwengelbrunnen
grüßt herüber,
weiterhin unentbehrlich,
wie ein Stück
Nostalgie verewigt,
gehört er zum
Dorfbild.
Wenn du dann die
ins Dorf
führende Straße
weitergehst
und zum Geschäft
und „Kastell“ kommst,
bist du schon mittendrin
im Dorf,
an dem Ort,
wo sich die Menschen
trafen,
wo Feste gefeiert
wurden.
Du musst aber noch
weiter
den Berg hochgehen,
Richtung Charlottenburg,
bis oben zur Ecke,
wo es in die „Vorstadt“,
deine Straße,
rechts hineingeht.
- Keine Straßenschilder
waren hier nötig,
die Straßennamen
jahrhundertelang bekannt
und jedes Haus durch
den Namen
der Leute auffindbar.
(Fortsetzung
unten) |
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Wo
jeder jeden kannte,
hatte jedes Haus
und jede Straße
ein eigenes Gesicht,
das mit Menschen
verbunden war, die da lebten.
Man brauchte keine
berühmten Namen dafür.
Man orientierte
sich nach den Bewohnern,
man musste nie einen
nach dem Weg fragen,
man verlief sich
nie als Kind,
man war durch nichts
in Gefahr.
Weder Autos noch
frei laufende Hunde,
noch fremde Menschen
begegneten dir hier.
Du warst immer sicher,
alles war dir vertraut.
–
Dann kommst du um
die Ecke
und du siehst den
Brunnen mit dem Akazienbaum
und spürst,
dass sich nichts verändert hat.
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Du weißt nach
vielen Jahren noch,
das ist der Zaun,
der Vorgarten,
der Giebel,
das „Türl“
in den Hof,
die Weinreben an
dem „Hausgang“
und die „Sommerküche“.
Es gibt keinen Haupteingang,
keine Tür ist
abgeschlossen.
Du musst nur hallo
rufen,
dann tritt jemand
aus der Tür
und du willst ihm
sagen,
dass es doch deine
Heimat,
dein Haus,
dein Stück
Leben ist,
die er da besetzt
hält.
Aber du sagst nicht
viel
und bist froh,
dass er dich in
dein Haus hineinlässt,
das Haus mit der
schiefen Hausnummer
154 am Törchen,
das Haus,
|
das nur noch in
deinen Erinnerungen dein
Haus ist.
Die Scheune ist
nicht mehr da,
der Kuhstall leer,
der Backofen zusammengefallen,
der Kalk blättert
von den Wänden,
der Gartenzaun ist
schief
und der Salbeistrauch
aus dem „Gärtl“ ist weg.
Die Gesichter der
Menschen sind fremd.
Die Sprache klingt
fremd,
obwohl du nüchtern
gesehen alles verstehst.
Du willst es nur
nicht wahrhaben,
was dir über
dein Haus gesagt wird.
In den Zimmern sieht
es anders aus,
aber du lässt
dir nicht anmerken,
wie weh es tut.
Und irgendwann hast
du
genug gesehen und
weißt,
es wird nie wieder
deine Heimat sein.
(von
Anny Kusterer)
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Externe
Links
(siehe
Impressum)
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